Fazit Wasserstoffauto & Nachhaltigkeit: Gespräch mit Markus Wesselbaum

Nachhaltigkeit

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Geschäftsführer Markus Wesselbaum erzählt uns im Interview, wie er die letzten Monate mit dem Hyundai NEXO erlebt hat. Das emissionsfreie Wasserstoffauto ist nicht einfach nur ein wichtiger Meilenstein für die Ingenieurgesellschaft Drücke, sondern auch Sinnbild für den neu eingeschlagenen Weg in eine nachhaltige Zukunft. Der Ingenieur lässt uns an der Geschichte hinter seiner Begeisterung für Brennstoffzellen teilhaben und nimmt uns mit auf eine Reise, die in den 90ern beginnt und geradewegs zur Villa Futurum führt.

War die Anschaffung des Hyundai NEXO im Juni 2023 eine gute Entscheidung?

Also, grundsätzlich war die Entscheidung, ein Wasserstofffahrzeug zu kaufen, eine rein persönliche – ohne Berücksichtigung von wirtschaftlichen Aspekten. Aus dieser Sicht heraus ziehe ich auch das Fazit zu dem Fahrzeug. Ferner bin ich von der Technik der Brennstoffzelle in Verbindung mit dem Fahrzeug begeistert. Verfügbar ist diese Technik schon lange. Sie wurde nun, ohne Beachtung der Kosten, durch zwei Hersteller aus dem Ausland auf den deutschen Markt gebracht. Würde ein solches Fahrzeug ohne Subvention verkauft werden, läge der Preis weit oberhalb von 200.000 €. 

Es gibt zur Zeit nur 165 Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland: Warum entscheiden Sie sich nicht für Elektro?

Das ist gar nicht so wenig, wie es klingen mag, denn das Auto hat eine Reichweite von 600 Kilometern. Die Verfügbarkeit der Wasserstoff-Tankstellen beschränkt sich zudem nicht auf NRW. Sie sind flächendeckend auf das gesamte Land verteilt und so positioniert, dass diese in den großen Städten sowie der Nähe zu den großen Hauptverbindungsstrecken in Deutschland liegen. In der Mobility-App, die auch die Grundlage für das Navigationssystem des Fahrzeuges bildet, kann ich zum Beispiel meine Strecke vorplanen. Die Software sagt mir dann, ob, wann und wo ich auf dem Weg auftanken muss und wo überhaupt die Möglichkeit dafür besteht.

Ein Wasserstoffauto lässt sich außerdem hervorragend in das Nachhaltigkeitskonzept der Ingenieurgesellschaft Drücke integrieren. Denn mit der Villa Futurum schaffen wir gerade ein auf Brennstoffzellen-Technologie basiertes, fast autark versorgtes Gebäude. Von meiner Seite besteht zudem seit über 30 Jahren eine enorme Begeisterung für die Wasserstoff-Technologie.

Und wie ist Ihre Meinung zu Elektroautos?

Mal davon abgesehen, dass ich ein großes, persönliches Interesse an der Brennstoffzellen-Technologie habe, bin ich durchaus ein Befürworter des Elektroautos. Das geht so weit, dass wir unseren Mitarbeitenden in persönlichen Gesprächen Elektromobilität und aktuell auch das Brennstoffzellenfahrzeug anbietenden. Zusätzlich finanzieren wir den Ladeanschluss und die Zählung.

Wenn ich die 800 Volt-Infrastruktur bei den e-Fahrzeugen betrachte, sehe ich Ladezeiten von rund 17 Minuten für 80 % der Kapazität als sehr praktikabel an. Kann ich jetzt auch noch zu Hause laden, während das über die Firma abgerechnet wird, ist ein Auto mit Elektroantrieb plötzlich sehr viel attraktiver.

Woher kommt eigentlich Ihre Begeisterung für Wasserstoff?

Ich verfolge die Wasserstoff-Technologie schon seit den 90er-Jahren. In den 2000ern bin ich dann zu BMW nach München gefahren und habe mir dort Fahrzeuge angeschaut. Ich war von der Technik total begeistert, denn man nutzt einen Brennstoff und erhält als Verbrennungsprodukte lediglich Wasser und Sauerstoff. Das Fahren mit Wasserstoff hat sich dann jedoch nicht richtig verbreiten können, weil das Tankstellennetz nicht da war. Es gab zu dieser Zeit vielleicht ein oder zwei Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland.

Mittlerweile sieht das ganz anders aus. Die Technik in den Fahrzeugen ist nicht neu und im Grunde mit damals vergleichbar, doch die Tankstelleninfrastruktur ist viel besser.

Alle, die mich kennen, wissen jedoch, dass meine Begeisterung für Wasserstoff-Brennstoffzellen weit über die Mobilitätsfrage hinausgeht.

Was meinen Sie, wenn Sie sagen, dass Ihre Begeisterung weit über Wasserstoffautos hinausgeht?

Es gibt in Münster ein Projekt, das fast komplett autark betrieben wird. Das heißt, dort besteht lediglich ein Stromanschluss als Reserve. Ansonsten versorgt sich das Gebäude komplett mit Wasserstoff als Energieträger – auch um Strom zu produzieren und um eine Wärmepumpe damit zu betreiben.

Als ich davon hörte, ist für mich eigentlich der Entschluss gefallen, dies für unser Unternehmen zu nutzen. Zu dem Zeitpunkt, an dem ich wusste, was möglich und nötig ist, ein solch autarkes Gebäude zu erschaffen, war die Idee von der Villa Futurum geboren. Das ist jedoch eine andere spannende Geschichte.

Hat sich seit dem Kauf des Wasserstoffautos die Wahrnehmung des Unternehmens geändert?

Das Wasserstoffauto nutzt ja auch ein bisschen Werbung. Das heißt, es ist beklebt und macht darauf aufmerksam, dass es mit Wasserstoff betrieben wird. Die Resonanz darauf ist immer sehr positiv. Ob dies das gesamte Image der Firma betrifft, kann ich nicht sagen. Ich glaube aber, noch hat das Auto keinen allzu starken Einfluss auf das Image. Wir haben jedoch Zahlen zu unserem Verbrauch, um einen ersten Eindruck des Wirkungsgrades zu erhalten. Bei den 15.000 Kilometern, die ich bis jetzt gefahren bin, habe ich zirka 170 Kilogramm Wasserstoff verbraucht. Das entspricht einem Durchschnittsverbrauch von ungefähr 1,1 Kilogramm pro 100 Kilometer.

Der Umfang der Außenwirkung wird sich mit der Villa Futurum jedoch ändern, wenn wir vor Ort die Anlagentechnik zeigen können. Auch dort werden wir die Brennstoffzellen-Technik nutzen. Allerdings in einem weitaus umfangreicheren Rahmen als bei einem Auto.

Warum wird die Wasserstoff-Brennstoffzelle in der Villa Futurum mehr Aufmerksamkeit erzeugen als das Auto?

Weil wir dann unseren Kunden die brennende Fragen zur Alltagstauglichkeit von Wasserstoff als Energieträger und Speicher in Gebäuden beantworten und beispielhaft demonstrieren können. Was habe ich an Einsparungen? Wie funktioniert diese Technik im Regelbetrieb? Wie aufwendig ist die Wartung und Instandhaltung der Anlage? Wie lange sind die Lebenszyklen von Elektrolyse und Brennstoffzelle?

Wir führen mit dem Konzept einen völlig innovativen Versuch an uns selbst durch. Und das wiederum wird sich in der Wahrnehmung unserer Ingenieurgesellschaft niederschlagen. Natürlich, positiv, so hoffe ich. Denn schließlich wollen wir als nachhaltiges Beispiel vorangehen.

Zurück zum Wasserstoffauto: Was hat Sie positiv überrascht?

Die Fahrzeuge haben ausreichend Reichweite. Wenn man nicht gerade im Sport-Modus mit über 180 über die Autobahn fährt, sondern im normalen Tempo mit 130, 140 oder 150, sind Entfernungen von über 500 Kilometer realistisch. Damit ist ein modernes Wasserstoffauto vollkommen mit einem Benziner oder Diesel vergleichbar.

Für die Zukunft: Werden Sie Ihre Mitarbeitenden anhalten, auf Verbrennermotoren zu verzichten?

Ich kann nur davor warnen, eine Doktrin aufzubauen. Mitarbeitende, die nicht in der Stadt wohnen und in eher ländlichen Gegenden keine gute Infrastruktur an Wasserstofftankstellen oder Ladesäulen vorfinden, werden nicht so schnell bereit sein, auf Verbrenner zu verzichten. Auch sukzessiv auf Wasserstoff oder Elektro umzustellen wird nicht funktionieren, wenn die entsprechende Infrastruktur nicht proportional zum Bedarf mitwächst.

Wir als Arbeitgebende müssen unsere Mitarbeitenden zudem vermehrt aufklären. Wir sollten sie bei der Entscheidungsfindung unterstützen.

Wie soll die Anschaffung des Brennstoffzellen-Fahrzeugs dann die Nachhaltigkeit der Ingenieurgesellschaft stärken?

Nochmal: Mit Zwang und Druck werden wir nicht nachhaltig. Man muss die Mitarbeitenden mitnehmen, man muss sie begeistern. Mit dem Hyundai NEXO konnte ich zeigen, was möglich ist. Ich persönlich empfinde bereits die Begeisterung für Wasserstoff-Brennstoffzellen und kann die nötigen Schritte zur Veränderung mit Freude vorleben. Als Fan der Technologie habe ich schlicht weniger Berührungsängste.

Was ist nun der nächste Schritt, um Ihre Mitarbeitenden an nachhaltige Mobilität heranzuführen?

Wir werden niemanden zwingen und schlagartig auf Elektro- oder Wasserstoffautos umstellen. Es wird immer mehrere Entscheidungsvarianten geben. Dabei ist unsere Haltung dennoch klar. Wenn ich gefragt werde, dann sage ich:

Wir repräsentieren mit der Villa Futurum und all unseren Bemühungen eine nachhaltige Zukunft. In dieser nachhaltigen Zukunft haben Diesel und Benzin eine nur sehr bedingte Existenzberechtigung.

Für unseren Fuhrpark ist der nächste Schritt die Einführung von Transportern mit Brennstoffzellenantrieb. Dabei handelt es sich um Fahrzeuge aus Frankreich, die ursprünglich als e-Autos konzipiert wurden. In Rüsselsheim werden diese dann mit der Wasserstofftechnik ausgerüstet. Es handelt sich um den Opel Vivaro Hydrogen. Das ist kein Serienfahrzeug, sondern ein Umbau. Doch herauszufinden, wie sich diese Transporter im operativen Betrieb bewähren, dazu bin ich bereit.

Was ist Ihr Tipp für andere Unternehmer, wenn es um die Einführung nachhaltiger Fahrzeuge geht?

Ganz einfach: Machen Sie es bitte selber vor! Dass Wasserstoffautos und Elektromobilität funktionieren, sehen Ihre Mitarbeitenden dann schon von selbst.

Ich plädiere ganz klar für Wasserstoff-Brennstoffzellen und Elektromobilität. Es sind solide Lösungen für nachhaltiges Vorankommen – buchstäblich. Mit den noch verbleibenden Kinderkrankheiten sind diese technischen Innovationen die bessere Option zum klassischen Verbrennermotor. Wofür wir uns letztlich entscheiden, ist dabei gar nicht so wichtig, sofern wir dabei eine Lösung wählen, die das Klima schont und die Ausbeutung unseres bereits angeschlagenen Planeten nicht weiter forciert.

Für mich persönlich ist jedoch Wasserstoff die ideale Lösung – und das auch im Schwerlastbereich.

Vielen Dank für das Gespräch und diese spannenden Einblicke.

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